
Pathologisches Spielen — medizinisch als Glücksspielsucht klassifiziert — liegt vor, wenn Glücksspiel nicht mehr Freizeitbeschäftigung, sondern Zwang ist. Betroffene setzen trotz finanzieller Einbrüche, Beziehungsstress und Arbeitsplatzverlust weiter Geld, um den „Kick“ zu spüren oder Verluste zurückzugewinnen. In Deutschland sind rund 200 000 Personen spielsüchtig, weitere 230 000 gelten als problematische Spieler.
Kernkriterien laut ICD‑11: starkes Verlangen zu spielen, Kontrollverlust, Fortsetzen trotz negativer Konsequenzen und Priorisierung des Spiels über andere Lebensbereiche. Typische Verhaltensweisen: geheime Online‑Konten, Lügen über Einsätze, Kredite bei Freunden, Pfandverkauf. Physiologisch zeigen sich erhöhte Stresshormone und Aktivierung des Belohnungssystems, während präfrontale Hemmprozesse geschwächt sind.
Folgen: Überschuldung, Mahnverfahren, Beziehungskrisen, Komorbiditäten wie Depression, Angststörung, Substanzmissbrauch. Schlafmangel und dauerhafte Anspannung erhöhen Blutdruck und Risiko für Herz‑Kreislauf‑Erkrankungen. Kinder von Spielsüchtigen erleben emotionale Vernachlässigung und erhöhte Wahrscheinlichkeit selbst süchtiger Verhaltensweisen.
Behandlungsbausteine (S3‑Leitlinie):
- Kognitive Verhaltenstherapie mit Fokus auf Trigger‑Management, Rückfallprophylaxe und Finanzkompetenz.
- Motivational Enhancement zur Stärkung der Veränderungsbereitschaft.
- Gruppentherapie und Selbsthilfegruppen wie Gamblers Anonymous, um Isolation zu durchbrechen.
- Pharmakotherapie: Opioidantagonisten (Naltrexon), SSRI bei komorbider Depression.
- Sozial‑ und Schuldnerberatung zur Existenzsicherung.
Digitale Tools: Selbstsperre in Spielbanken und Online‑Plattformen, Limit‑Einstellungen, Real‑Time‑Warnungen bei hohem Einsatz. Banken bieten Glücksspiel‑Filter auf Kreditkarten an. Eine Änderung im Glücksspielstaatsvertrag 2021 fordert zentrale Sperrdateien (OASIS), die riskante Spieler für alle Anbieter blockieren.
Prävention umfasst Jugendschutz, Begrenzung von Automatenzahl, Pflichtpausen bei Online‑Spielen und Aufklärungskampagnen in Schulen. Werbemaßnahmen müssen Warnhinweise enthalten („Glücksspiel kann süchtig machen“) und dürfen keine unrealistischen Gewinnversprechen machen.
Fazit: Glücksspielsucht ist behandelbar. Frühzeitige Beratung und multimodale Therapie ermöglichen ein Leben ohne Zwangswetten. Jeder spielfreie Tag ist ein Gewinn an finanzieller Stabilität, Gesundheit und Lebensqualität.