
Lernstörungen – im deutschen Sprachraum „Lese‑Rechtschreib‑Schwäche“ (LRS), Rechenschwäche oder kombinierte Störungen schulischer Fertigkeiten – beruhen auf neurobiologischen Besonderheiten der Informationsverarbeitung. Betroffene weisen normale oder hohe Intelligenz auf, erzielen jedoch anhaltend unterdurchschnittliche Leistungen in Teilbereichen wie Lesen, Schreiben oder Mathematik.
Typische Bilder:
- Dyslexie/LRS: Laut‑zu‑Buchstaben‑Zuordnung fehlerhaft, geringer Lesefluss.
- Dyskalkulie: Schwierigkeiten beim Mengenverständnis, Zahlendreher, langsames Kopfrechnen.
- Dysgrafie: formale Schriftprobleme, fehlende Wortabstände, Buchstabenverdrehung.
- ADHS als komorbider Faktor beeinträchtigt Aufmerksamkeit und Arbeitstempo.
Schon in der Grundschule zeigt sich: Vermeidung von Leseaufgaben, Bauchschmerzen vor Mathearbeiten, lange Hausaufgabenzeiten. Ohne Diagnose riskieren Kinder Sekundärprobleme wie Schulangst und depressives Erleben.
Diagnostische Schritte: standardisierte Testbatterien (BVL 4‑8, DEMAT), Intelligenztest (HAWIK‑IV), Analyse von Unterrichtsproben, Ausschluss von Sinnesbeeinträchtigungen. Gesetzliche Grundlagen (Nachteilsausgleich) geben Anspruch auf individuelle Förderung.
Förderansätze:
- Lautgetreue Lese‑Rechtschreib‑Förderung (ReLv, Kieler Leseaufbau).
- Strukturiertes Mathematiktraining (Mengen‑Gestalten, analog‑digitales Material).
- Multisensorische Methoden – Hören, Sprechen, Schreiben, Bewegen.
- Training exekutiver Funktionen – Arbeitsgedächtnis, kognitive Flexibilität.
- Einsatz digitaler Tools – Rechtschreibprogramme, Vorlese‑Apps, Lernspiele.
Nachteilsausgleiche: verlängerte Bearbeitungszeit, größere Schrift, Verwendung von Taschenrechnern, mündliche Prüfungen. Lehrkräfte sollten Fehlertoleranz üben und Erfolge kleinschrittig rückmelden.
Psychoedukation für Eltern: Unterschied zwischen mangelndem Üben und neurobiologischer Störung erklären, Hausaufgabenstrukturen festlegen, Kooperation mit Ergotherapie oder Logopädie.
Beruf und Studium: Hochschulen bieten Schreibzentren, Prüfungsanpassungen und E‑Learning‑Unterstützung. Arbeitgeber können Software bereitstellen, Aufgaben schriftlich und mündlich erklären sowie Feedback transparent gestalten.
Essenz: Lernstörungen erfordern kein geringeres Anspruchsniveau, sondern passende Wege. Mit evidenzbasierter Diagnostik, individueller Förderung und gesellschaftlicher Akzeptanz ist Teilhabe an Bildung und Beruf realistisch erreichbar.