
Psychose bezeichnet einen Zustand, in dem Wahrnehmung, Denken und Realitätsprüfung erheblich gestört sind. Leitsymptome sind Halluzinationen (z. B. Stimmenhören), Wahnideen (feste, falsche Überzeugungen), formale Denkstörungen und Ich‑Störungen wie Gedankeneingebung. Die erste Episode tritt meist im jungen Erwachsenenalter auf und kann akut eskalieren oder sich schleichend entwickeln.
Ursachenverbund Genetische Prädisposition, neurochemische Dysbalance (Dopaminüberschuss im mesolimbischen System, Glutamatdefizit) und psychosoziale Belastungen (Migration, Cannabis, Traumata) interagieren. Organische Auslöser wie Hirntumor, Delir oder Autoimmunenzephalitis müssen ausgeschlossen werden.
Prodromalphase Monate bis Jahre vor Ausbruch: sozialer Rückzug, Leistungsabfall, ungewöhnliche Wahrnehmungen. Eine kurze Dauer unbehandelter Psychose (<6 Monate) korreliert mit besserer Prognose, weshalb Früherkennungszentren (FEP‑Kliniken) entscheidend sind.
Diagnostik umfasst psychiatrische Exploration, PANSS‑Erhebung, körperliche Untersuchung, Blutbild, Drogenscreening und bildgebende Verfahren (MRT, EEG) zur Differenzialdiagnose. Skalen wie SIPS helfen, ein Ultra‑High‑Risk‑Stadium zu identifizieren.
Therapiebausteine:
- Antipsychotika: SGA (z. B. Olanzapin, Quetiapin) wegen besserer Verträglichkeit bevorzugt; Clozapin bei Therapieresistenz.
- Psychotherapie: kognitive Verhaltenstherapie, Metakognitives Training, Familientherapie.
- Soziotherapie, Ergotherapie und supported employment zur Reintegration.
- Psychoedukation reduziert Stigma und stärkt Adhärenz.
- Langzeit‑Depotpräparate zur Rückfallprophylaxe.
Rückfallprävention: strukturiertes Schlaf‑Wach‑Schema, Stressmanagement, regelmäßige Medikation und Notfallplan. Frühe Warnzeichen wie Grübeln oder Schlafstörungen sollten ernst genommen werden.
Prognose Etwa ein Drittel erzielt vollständige Remission, ein weiteres Drittel deutlich gebesserte, aber anhaltende Symptome; das restliche Drittel entwickelt einen chronischen Verlauf. Positive Verlaufsfaktoren sind gute prämorbide Funktionsfähigkeit, weibliches Geschlecht, kurze DUP und stabile soziale Netzwerke.
Fazit Psychosen sind behandelbar. Mit interdisziplinärer, früh einsetzender Hilfe können Betroffene ihre Lebensqualität erheblich steigern und gesellschaftliche Teilhabe zurückgewinnen.