Neurofeedback, in Deutschland häufig als EEG‑Biofeedback bezeichnet, nutzt die Plastizität des Gehirns, um dysfunktionale Muster sanft zu korrigieren. Sensoren auf der Kopfhaut leiten Spannungen im Mikrovoltbereich an ein Verstärkersystem weiter. Ein Computer übersetzt die Daten in Spielformen: Raketen steigen, wenn das Beta‑Band sinkt, oder ein Film läuft nur weiter, solange bestimmte Schwellenwerte eingehalten werden. So wird Lernen durch Belohnung — ein Prinzip, das auf der operanten Konditionierung beruht — unmittelbar erlebbar.
Seit den 2000er‑Jahren etablieren sich zertifizierte Fortbildungen für Psychotherapeut*innen und Heilpraktiker*innen. Die Ärztekammer Bayern erkennt Teile des Curriculums als Weiterbildung im Bereich funktionelle Neurotherapien an. Forschungsteams an der Charité Berlin belegten 2024 mittels fMRT, dass Training zur Steigerung der sensorimotorischen Rhythmik die Konnektivität zwischen Thalamus und präfrontalem Kortex verbessert — ein Befund, der die Wirksamkeit bei Aufmerksamkeitsstörungen erklärt.
Eine typische Behandlungsserie umfasst 20 bis 40 Sitzungen, je 25 bis 40 Minuten. Zunächst wird ein „QEEG‑Mapping“ erstellt, um Hotspots abweichender Frequenzen zu identifizieren. Anschließend bestimmt der Therapeut Zielparameter: Reduktion frontaler Theta‑Spitzen bei ADHD oder Förderung langsamer Alpha‑Wellen zur Schlafinduktion. Während des Trainings sitzt der Klient entspannt, verfolgt eine Animation und erlebt, wie kleine Veränderungen in der Atmung oder im inneren Dialog die Grafik beeinflussen. Diese Selbstwirksamkeitserfahrung überträgt sich häufig in den Alltag — Schulnoten steigen, Migräneattacken nehmen ab.
Kritiker*innen weisen darauf hin, dass Placeboeffekte nicht vollständig ausgeschlossen seien. Dennoch zeigt eine Metaanalyse der Universität Tübingen (2025) moderate bis hohe Effektstärken gegenüber Wartelistenkontrollen. Entscheidender Erfolgsfaktor ist die individuelle Anpassung: Jemand mit Traumaerfahrung kann auf zu schnelle Aktivierung sensibel reagieren; hier empfiehlt sich Infra‑Low‑Frequency‑Feedback, das subtilere Stimuli bietet.
Neurofeedback ist keine Allzweckwaffe, wohl aber ein vielversprechender Baustein in multimodalen Konzepten. Wer bereit ist, regelmäßig zu trainieren, kann sein Nervensystem wie einen Muskel stärken und dadurch einen achtsameren Umgang mit Stress, Emotion und Aufmerksamkeit kultivieren. Das leise Piepen der Elektroden erinnert daran: Veränderung beginnt in Millivolt‑Schritten, wächst aber mit jeder selbstgesteuerten Entscheidung.