Prolonged Exposure Therapy (PE) gilt im deutschsprachigen Raum als Goldstandard bei posttraumatischer Belastungsstörung, insbesondere seit Leitlinien der DGPPN ihre Wirksamkeit betonen. Ihr zentrales Prinzip lautet: «Das Trauma kann nicht gelöscht werden, aber die Angst davor kann verlernt werden.» Indem Betroffene die Erinnerung in sicherem Rahmen wiederholt durchleben, schwächt sich die Angstverknüpfung – ein Prozess, den die Lerntheorie als Extinktion bezeichnet.
Der Therapieplan umfasst meist 10 bis 14 Sitzungen. Zu Beginn vermittelt die Therapeutin psychoedukative Inhalte über Stressphysiologie und vermeidungsgetriebene Aufrechterhaltung. Danach wird eine Angsthierarchie erstellt: Ein Afghanistan‑Veteran könnte an unterster Stufe das Tragen der Uniform, an oberster das detailreiche Beschreiben eines Hinterhalteinsatzes verorten.
PE arbeitet mit zwei technischen Säulen. Imaginale Exposition bedeutet, dass der Patient die traumatische Szene im Präsens erzählt, während Puls und subjektiver Stress protokolliert werden. Die Aufnahme dient als Hausaufgabe. Parallel dazu erfolgt die in‑vivo‑Exposition: Orte aufsuchen, Geräusche hören oder Gerüche riechen, die bislang vermieden wurden (z. B. Dieselgeruch).
Studien der Universität Regensburg zeigen nicht nur Symptomreduktion, sondern auch Normalisierung der Amygdala‑Aktivität im fMRT nach erfolgreicher PE. Kritisch ist die Nachbesprechung: Kognitive Umstrukturierung hinterfragt Schuldüberzeugungen («Ich hätte meinen Kameraden retten müssen»). Dadurch wird die Erinnerung in ein kohärentes autobiografisches Narrativ eingebettet.
Häufige Bedenken betreffen Retraumatisierung. Daten legen nahe, dass Abbruchraten vergleichbar mit anderen Traumatherapien sind – vorausgesetzt, Therapeuten achten auf Stabilisierung und Ressourcenaktivierung. Ausschlusskriterien sind akute Suizidalität, schwere Dissoziation oder unkontrollierter Substanzkonsum. Notfalls wird PE mit DBT‑Skilltraining oder pharmakologischer Unterstützung kombiniert.
Fortbildungspflicht ist hoch: Die Bundespsychotherapeutenkammer empfiehlt 50 Unterrichtseinheiten plus Supervision. Für Patienten erfordert PE Mut und Konsequenz – sie hören die Aufnahme auch spät abends, wenn Tränen fließen. Doch am Therapieende berichten viele, dass die Erinnerung zwar präsent bleibt, aber ihren Schrecken verloren hat, sodass Lebensbereiche wie Partnerschaft oder Arbeit wieder Raum erhalten.