Das Symboldrama, fachlich Katathym Imaginative Psychotherapie (KIP), hat in seiner Heimat deutschsprachiger Raum eine lange Tradition, wird aber heute in neuem Licht betrachtet: als Schnittstelle zwischen Tiefenpsychologie, Neurobiologie und kreativtherapeutischen Verfahren. Entwickelt von Hanscarl Leuner in den 1950er‑Jahren, lädt es Patient*innen ein, im entspannten Wachzustand Bilderfolgen zu erleben, die wie Träume “auf Bestellung” auftreten. Diese Bilder fungieren als Projektionsfläche unb...
Der klassische Ablauf umfasst Grundmotiv (z. B. “Wiese”), mittlere und große Motive (Höhle, Berg, Haus). Der Therapeut bietet das Motiv an, der Patient beschreibt spontan auftauchende Szenen. Anschließend folgt das dialogische Vertiefen: Welche Gefühle entstehen? Wo im Körper spürbar? Gibt es Handlungsimpulse? In weiterführenden Sitzungen werden Sequenzen nacherlebt oder übermalend gestaltet.
Eine randomisierte Studie der Universität Heidelberg (2024) zeigte, dass KIP bei somatoformen Störungen zu signifikanten Verbesserungen führt, verglichen mit reiner Gesprächspsychotherapie. In fMRT‑Aufnahmen wurde eine verstärkte Konnektivität zwischen limbischem System und präfrontalem Kortex beobachtet – ein Hinweis auf bessere Emotionsregulation.
Kulturelle Anpassungen sind essenziell. Klient*innen mit Migrationshintergrund wählen eigene Motive: Wüstenlandschaft, Basar, Meer am Sonnenaufgang. Die Therapie respektiert Mehrsprachigkeit der inneren Bilder; der Therapeut fragt nach Geruch, Geräusch, Temperatur, um multisensorische Tiefe zu ermöglichen.
Ethik betont Selbstbestimmung: Der Patient kann das Bild jederzeit verlassen. Bei aufkommender Übererregung wird Zwischenstopp eingeführt – Fokus auf Atmung, Kontakt mit dem Boden. Abschließend erfolgt Realitätsorientierung: Augen öffnen, umsehen, kurz stretch‑en.
Symboldrama erinnert daran, dass Heilung nicht nur über Worte, sondern über Poesie des inneren Kinos geschieht. Wer die Leinwand betritt, findet oft verborgene Ressourcen und Narrative, die den Alltag in neuem Licht erscheinen lassen.